Home
 Über uns
 Aktuelles
 Presse
   Pressemitteilungen
 Kontakt
 Impressum
Wir mischen uns ein! Gerechte Politik für alle! Wir bieten Lösungen!
  
  
  
  
  Partei ohne Programm

    

Partei ohne Programm
Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ)
vom 07. Mai 2004
Ein Artikel von Ralf Schuler

ORANIENBURG "Darum haben wir uns hier jegründet, um irgendwatt zu ändern." Wenn Lothar Zache (56) einmal in Fahrt ist, muss selbst der Kanzler sich warm anziehen: "Watt fällt denn den Schröder ein, jetze wieder mit die Sparbücher - weil se nich wirtschaften könn...!" Es ist ein verhangener Nachmittag im "Bistrocafé Hofmeister" in Borgsdorf bei Oranienburg (Oberhavel). Draußen nicken die Blütenbäumchen an den Kastanien, drinnen räumen sie die Konditorei-Auslagen leer, und im Hinterzimmer tagt die "Deutsche Volks- und Rentenpartei" (DVRP).

Es ist eine Geschichte aus diesen Tagen der Verdrossenheit, der politischen Hiobsbotschaften und des Un-Muts. Sie haben tatsächlich keine Chance und nutzen sie, die wackeren Parteigründer der DVRP. Das ist das Positive an dieser Geschichte, dass es noch welche gibt, die sagen, es muss was geschehen und die damit nicht die anderen meinen.

Dr. Udo Klussmann (60) zum Beispiel ist Vorsitzender des Landesverbands Berlin und hat am 1. Mai auf einem Potsdamer Trödelmarkt gestanden und Handzettel verteilt. "Aber die Leute interessierten sich gar nicht dafür." Vize-Schatzmeister Zache hat da andere Erfahrungen gemacht und am Brandenburger Tor in Berlin gut 400 Flugblätter unter die Leute gebracht. Und der "Bundesvorsitzende" und Sitzungsleiter Norbert Meier (54) hat gar zwölf neue Mitglieder auf dem Bauernmarkt in Schmachtenhagen geworben, resümiert er Tagesordnungspunkt (Top) 2 "Erfahrungen des 1. Mai".

Am 26. März hat sich die DVRP in Glienicke gegründet. Knapp einhundert Mitglieder hat sie angeblich und inzwischen auch schon um Registrierung beim Bundeswahlleiter nachgesucht. An diesem Nachmittag sind ganze neun Mitglieder ins Bistrocafé gekommen und ein Baby, aber das zählt nicht. Zu wenig jedenfalls, um den Landesverband Brandenburg zu gründen. Meier ist ein wenig enttäuscht und sagt das auch in die Kamera von "Oberhavel TV", das beim Start der neuen Bewegung dabei sein darf.

Top 3 ist die Vorbereitung auf die große Demonstration der Sozialverbände am 15. Mai in Berlin, wo die DVRP mit einem Stand auf der Straße des 17. Juni dabei sein will. "Wir mischen uns ein", steht auf den Handzetteln, gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau, für mehr innere Sicherheit und Bildung, mehr für Familien tun und gegen die Abzocke beim Benzin. "Politiker denken weder an die Bevölkerung noch an die Familien", lautet ein anderer Slogan, wobei offenbleibt, warum Familien nicht zur Bevölkerung gehören. "Wir haben noch kein schlüssiges Programm", sagt Dr. Udo Klussmann, "weil wir noch zu wenig Experten als Mitglieder haben, die das ausarbeiten können." "Genau", wirft Zache ein, auch Rechtsanwälte und Ärzte brauche man. Empörung als Programm - besser als gar nichts.

Immerhin ein Stufen-Steuersystem haben sie sich schon gezimmert, mit 12 000 Euro steuerfreiem Existenzminimum und 12, 25, 35 und 40 Prozent Steuersätzen. "Und ab eine Million kann man auch fünfzig Prozent machen", fällt Zache spontan ein. Manche nicken, das Baby hustet. Mit Arbeitslosen-Initiativen in Pritzwalk, Schwerin und Stuttgart haben sie schon Kontakt und wollen 2006 fit sein für die Teilnahme an Wahlen. Parteichef Meier schwitzt. "Ich kann das nicht", sagt er leise mit scheuem Blick auf die Fernsehleute. "Wenn die Kamera da ist, kann ich einfach nicht..."